Es gibt grundsätzlich 5 Bereiche, in denen Gleitschirmfliegen leistungsorientiert betrieben wird.
- dezentrales Streckenfliegen (1 Pilot fliegt mit Thermik an einem Tag von einem beliebigem Ort weg so weit wie möglich, in Österreich bis über 300km in 12 Stunden)
- zentrales Wettbewerbsfliegen (mehrere Piloten fliegen mit Thermik die gleiche Tagesaufgabe vom gleichen Ort weg auf Zeit, 40-160km, 1-6 Stunden)
- Akrobatikfliegen (1 oder 2 Piloten fliegen solo oder syncro verschiedene Kunstflugmanöver über See gegen andere Piloten, Jury bewertet Manöver, ja man kann auch Loopings mit einem Gleitschirm fliegen)
- Hike&Fly (mehrere Piloten bewältigen zu Fuß und mit Gleitschirm eine vorgegebene Strecke auf Zeit, oder bei vorgegebener Zeit die maximale Strecke, 30-1200km, 33 Stunden – 2 Wochen)
- Punktlanden (1 Pilot landet so genau wie möglich auf einen Punkt, mehrere Durchläufe)
dezentrales Streckenfliegen
Beim Streckenflug, auch Cross-Country oder auch XC genannt, gibt es verschiedenste Wertungen, von der Vereinsmeisterschaft bis hin zur weltweiten Wertung. Die Piloten wählen im Verlauf der Saison ihr Fluggebiet und ihren Startplatz selbstständig. Ziel ist es, eine möglichst große Strecke zu fliegen. Die Zeit spielt nur insofern eine Rolle, als die Thermikzeit eines Tages begrenzt ist. Wer schneller fliegt, fliegt weiter. Die durch ein mitgeführtes GPS Gerät dokumentierten Flüge werden vom Piloten in die Datenbank eingespielt und sofort in sämtlichen relevanten Wertungen einbezogen.
Österreichs Piloten zählen in dieser Disziplin zu den absolut besten der Welt. Mit Gerald Ameseder (2011), Alexander Robé (2015, 2017) und bei den Damen Michaela Brandstätter (2016) errang Österreich bereits vier mal den Weltmeistertitel, jeweils mit mehreren Flügen weit über 250 km.
Thermik gibt es im Winter durch den Schnee, die schwache Sonne und den kurzen Tag weniger, im Sommer hingegen ist dies das Gegenteil. In Österreich beginnt die Thermiksaison ca. im März und endet im September. Die weitesten Flüge sind im Mai, Juni und Juli möglich.
Arten von Streckenflügen für die Wertung
Bei einem einzelnen Flug werden die geflogenen Kilometer je nach Schwierigkeit des Fluges mit einem Faktor auf die Punkte für die Wertung umgerechnet. Dabei gibt es immer 3 verschiedene Typen von Flügen (die Faktoren weichen teilweise bei einigen XC-Websites ab, folgende gelten für die Österreichische Streckenflug-Staatsmeisterschaft 2021 (XContest Austria):
- freie Strecke (Faktor 1,0)
ein Flug mit Startpunkt + 3 Wendepunkten + Zielpunkt. Die freie Strecke wird in Österreich nur selten absichtlich geflogen. Der Grund hierfür ist, dass man eine freie Strecke mit Rückenwind fliegen sollte um wirklich weit zu kommen. Da in den Alpen aber durch die Berge bei viel Wind auch Turbulenzen entstehen, fliegen wir meist an windruhigen Tagen, wo dann die freie Strecke durch den geringen Faktor wenig Sinn hat. Da man sich keine Gedanken über das “Heimfliegen” machen muss und man eben auch überregionalen Wind aus einer Richtung den ganzen Tag für sich nutzen kann, hat dieser Typ nur Faktor 1,0.
Beispiel: 263,92km freie Strecke von Stefan Gleinsner x 1,0 = 263,92 Punkte
- flaches Dreieck (Faktor 1,2)
ein Flug mit Startpunkt + 3 Wendepunkte, jedoch liegt der Landepunkt maximal 20% der Gesamtstrecke vom Startpunkt entfernt. Durch diese Definition ergibt sich immer ein flaches Dreieck (jede Seite des Dreiecks kann beliebig lang sein). Es gibt einige Gebiete in Österreich wie das Drautal oder der “Pinzgauer Spaziergang” wo entlang einer durchgehenden Bergkette weite Flüge ohne viel Talquerungen möglich sind. Solche Flüge werden meist geflogen, wenn für ein FAI Dreieck zu viel Wind vorherrscht. Beim flachen Dreieck kann man durch die Definition auch nur in 2 Himmelsrichtungen fliegen, daher muss man nicht zwingend direkt gegen den Wind fliegen. Beispiel: Man fliegt den ersten Schenkel nach Westen, den zweiten Schenkel zurück nach Osten, der dritte Schenkel des Dreiecks kann per Definition auch nur wenige Meter lang sein. Somit fliegt man zum Beipsiel bei überregional vorherrschenden Nordwind niemals direkt gegen den Wind. Da man sich Gedanken über das “Heimfliegen” machen muss und man überregionalen Wind aus einer Richtung nur den halben Tag für sich nutzen kann, hat dieser Typ Faktor 1,2.
Beispiel: 267,10km flaches Dreieck von Ernst Fanzoy x 1,2 = 320,52 Punkte
- FAI Dreieck (Faktor 1,4)
ein Flug mit 3 Wendepunkten, jedoch liegt der Landepunkt maximal 20% der Gesamtstrecke vom Startpunkt entfernt und das sich ergebende Dreieck muss gleichschenkelig sein (jede Seite muss mindestens 20% der Gesamtstrecke lang sein). Das FAI Dreieck ist die Königsdisziplin im Streckenflug. Der Grund liegt darin, dass man durch die Definition der 3 gleichen Seitenlängen immer in 3 verschiedene Himmelsrichtungen fliegen muss. Daraus ergibt sich, dass man ausgenommen von windstillen Tagen in mindestens eine Richtung immer Gegenwind vorherrscht und damit den Flug erschwert. Da man sich Gedanken über das “Heimfliegen” machen muss und man überregionalen Wind aus einer Richtung nur für ein Drittel des Tages für sich nutzen kann, hat dieser Typ Faktor 1,4.
Beispiel: 325,76km FAI Dreieck von Thomas Walder x 1,4 = 456,06 Punkte
Beim internationalen XContest bekommt man 2021 den Faktor 1,3 für flach bzw. 1,5 für FAI wenn man es bis auf 10% der Gesamtstrecke zum Startplatz zurückschafft.
Wertungsklassen der Österreichischen Streckenflug-Staatsmeisterschaft 2021 (XContest Austria):
- PG Overall (EN A – CCC)
- PG Sport (EN A-C)
- PG Fun & Safety (EN A-B)
- PG Damen
- PG Tandem
- PG Junioren
- PG Senioren
- PG Mannschaft
- PG XC Landesmeister
gewertet werden normalerweise die besten 3 Flüge (2 davon müssen in Österreich, 1 darf auch außerhalb von Österreich gestartet werden) genaue Regeln finden man in der Ausschreibung 2021.
Das aktuelle Gremium für den Bereich Streckenfliegen in Österreich ist unter http://www.xcontest.org/austria/ einsehbar. Die Teilnahme bei der Österreichischen Streckenflug-Staatsmeisterschaft ist grundsätzlich kostenlos. Bedingung für die Teilnahme ist jedoch die Mitgliedschaft beim Österreichischen Aeroclub (Flugsport-Dachverband in Österreich). Der Aeroclub bietet sehr viele günstige Versichungen für alle möglichen Flugsportarten an (gesetzlich notwendige Gleitschirm-Haftpflichtversicherung ist zum Beispiel bei der Mitgliedschaft inkludiert). Des Weiteren setzt sich der Verband für den Erhalt unserer Lufträume ein, zahlt wesentliche Förderungen an die Vereine aus (Bsp. Windstationen), finanziert auch die Teilnahme bei den internationen Bewerben uvm…
Websites zum Einreichen der Streckenflüge:
- www.xcontest.org/austria (Österreichische Streckenflug-Staatsmeisterschaft – ÖSSM)
- www.xcontest.org (hauptsächlich im Alpenraum genutzt, Flüge aus dem XContest Austria erscheinen hier automatisch)
- wxc.fai.org (offizieller Contest der FAI, Flüge aus dem XContest Austria werden automatisch übertragen, wenn die CIVL ID im Profil eingetragen wird)
- www.paraglidingforum.com/leonardo/tracks/world/alltimes/ (international)
- www.dhv-xc.de (Deutsche Streckenflug-Staatsmeisterschaft)
- www.xcglobe.com (hauptsächlich slawische Länder)
- www.xc-paragliding.com (neues Projekt mit anderer Zählweise, Flüge über bisher wenig beflogene Gebiete werden belohnt)
Über Streckenflüge erfährt man daher hauptsächlich über diese Seiten, bei jeder Seite kann man die Flüge nach den längsten der Saison oder auch nach den längsten eines einzelnen Fluggebiets uvm. sortieren. Für Flüge aus Österreich sieht man am besten im XContest Austria nach. Offizielle Weltrekorde findet man bei der Fédération Aéronautique Internationale FAI (internationaler Luftsportverband). Aktuelle Österreichische Rekorde, sowie die Leistungsabzeichen findet man beim Österreichischen Aeroclub (Paragleiten ist Subklasse O – III bzw. O3).
Rekordflüge
Allgemein kann man Österreich zu den besten Fluggebieten der Welt zählen. Dies beweisen einige Weltrekorde im Streckenfliegen. Thomas Walder schaffte am 07.06.2014 mit einem 325km FAI Dreieck vom Zillertal aus als erster Pilot der Welt mehr als 300km im gleichschenkligen FAI-Dreieck und somit den neuen inoffiziellen Weltrekord. Nur einen Tag darauf flog der Österreicher Bernhard Peßl mit einem EN-B Schirm über 300km FAI. Mittlerweile gibt es schon mehrere Österreicher, die dies erreichten. Darunter auch unser Younggun in der Liga und gleichzeitig Staatsmeister 2018. An einem Tag an dem kein anderer 200km weit flog, querte Michael Sommerauer gleich 2x den Alpenhauptkamm und erreichte mit einer neuen Route über 302km vom Stoderzinken.
Große FAI Dreiecksflüge (inoffizieller Weltrekord Stand 3/2021: 344km Chrigel Maurer am 02.06.2019 in der Schweiz) werden hauptsächlich in den Ländern der Alpen geflogen . Flache Dreiecke (inoffizieller Weltrekord Stand 3/2021: 330km Patrick von Känel am 24.07.2019 in der Schweiz) gibt es hauptsächlich in den Alpen, Kenia, Indien, oder Chile. Für die freie Strecke (Weltrekord Stand 6/2021: 615km Sebastien Kayrouz am 19.06.2021 in Texas, USA) ist vor Allem Brasilien, Australien, Südafrika und die USA bekannt. Beeindruckende Flughöhen gibt es in der USA, Pakistan, Iran und Südafrika. Das pakistanische Karakorum ist wohl weltweit das Gebirge mit den höchsten Basishöhen bei noch fliegbaren Windbedingungen für einen Paragleiter. 2016 erreichte der französiche Pilot Antoine Girard 8157m und überflog dabei den Broad Peak rein mit thermischen Aufwinden (siehe Video unten).
(c) by Lex Robe
Antoine Girard beim Überflug des Broad Peak 2016, (c) by Antoine Girard
Streckenflug zum Mont Blanc mit Toplandung, (c) by Lois Guotagny